Magisches Denken
Der Ring an meinem kleinen Finger ist nicht sichtbar, aber er ist immer da. Einst trug ich ihn am Ringfinger – von Kindheit an Rechtslinksverwechsler lehrte er mich immer zu wissen wo links ist. Die automatische Suchbewegung begleitet mich bis heute durch jede Wegbeschreibung, auf jeden Weg, der mir neu ist.
Am rechten Handgelenk ein schweres Band aus Silber, fast 30 Gramm – so eines von diesen Schmuckstücken, die man sonst an harten Kerlen sieht. Da waren immer Bänder, eines trug ich über zwanzig Jahre, selbst im OP (»Nein, nehme ich nicht ab. Müsst ihr einfach mit desinfizieren.«) Irgendwann merkte ich: Ich brauche es schwerer. Intuitiv. Schweres, Fühlbares an dieser Stelle beruhigt und stabilisiert mich.
Ein Neurologe erklärte mir: Das ist keine Magie, sondern Neurologie. Der Kindheitsring hat etwas internalisiert, das ich aus mir selbst heraus nicht leisten kann. Das Silberarmband wirkt tatsächlich auf den Parasympathikus, ähnlich wie die Gewichtsdecken bei nervösen Menschen oder gestressten Kindern.
Diesmal allerdings, da war magisches Denken im Spiel. Nach stundenlanger Zahlenschubserei, wachsender Frustration und dem Gefühl nicht vom Fleck zu kommen, kaufte ich spontan ein Los der Aktion Mensch. Dachte an den alten Witz: Der arme Noam betet täglich ‚Bitte, lasse mich schnell zu viel Geld kommen.‘ Jahrelang geht das so, Noam kommt nicht zu Wohlstand. Eines Tages betet er wieder so ‚Bitte, lasse mich schnell zu viel Geld kommen.‘ Da tönt eine dröhnende Stimme aus der Wolke über ihm: ‚Noam, gib‘ mir eine Chance – kaufe dir ein Los!‘
Ich schimpfte auf´s Kismet, fühlte mich ungerecht behandelt, fand, ich sei jetzt dran! (magisches Denken!) und kaufte ein Los. Sollte das nicht klappen, kann sich mein pragmatischer Teil damit trösten, daß mit diesem Geld Dinge geschehen, die ich unterstützen möchte. Mein innerer Pragmatiker ist immerhin in so weit beteiligt, als daß ich weiß: Die Quoten sind dort sehr viel besser als zum Beispiel bei 6 aus 49. Auch ist der Einsatz zu verantworten.
Jetzt frage ich mich, inwieweit mein tägliches Gebet angesichts einer täglichen Situation magisches Denken ist …


































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































































