Stinksauer – Pandemiejournal Tag 273

Herrgottsakra! Seit Juli hat mir die Warn-App 3x Rot an den Kopf geworfen, ergo konsequente Isolation (nein, auch keine Supermarktbesuche!) für jeweils mindestens zehn Tage. Einen Coronatest habe ich nicht bekommen. Krank bin ich glücklicherweise auch nicht geworden.
Jetzt habe ich vier erkrankte Personen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die Einschläge kommen näher, sozusagen. Der sogenannte ‚Lockdown light‘ ist eine Idiotie sondergleichen – und das war vorher abzusehen. Noch bescheuerter: Den Menschen Hoffnung zu machen auf … halbwegs normale Weihnachten, wenn sie nur diesen Beinahe-Shutdown artig mitmachen.
Leute! Jeder, der halbwegs eine Idee davon hat, was ein Schneeballeffekt ist, kann sich nur noch an den Kopf greifen. Wenn die halbe Republik in Zügen und Autos die ferne Restfamilie besucht – was ich befürchte – werden uns die Zahlen Anfang Januar um die Ohren fliegen. Man muß kein Statistiker sein um das sehen zu können. Logik? Ham’wer nicht, kriegen wir auch nicht wieder ‚rein.

Was ich auch nicht kapiere: Wieso bringt es die Leute beinahe um, daß sie ein einziges Weihnachtsfest mit dem Tuches zu Hause bleiben sollen? Ich schnall‘ das nicht! Impfstoffe sind auf dem Weg, ein Ende dieser fürchterlichen Pandemie ist in Sicht, es gibt Licht am Ende des Tunnels – und da wollen tonnenweise Leute sagen ‚Nach mir die Sintflut, ich fahre zu meiner Familie in Hintertimbouktou‘? Damit rafft es dann noch eine Menge Menschen dahin, wegen eines Festes? Mei, wenn ich wirklich Christ bin (‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘), dann bleibe ich Daheim!

Auch schön: die sogenannten ‚Novemberhilfen‘ kommen nicht an. Bei mir auf keinen Fall: Habe das Pech, daß der November und der Dezember meine umsatzstärksten Monate sind, weil dann die Verlängerungen der Jahresverträge anstehen. Da stehe ich da wie King Rotz. Und das wird nicht nur mir so gehen.
Übers Jahr gesehen ist mir eine Menge weggebrochen, schlicht weil niemand mehr wirklich investitionsbereit ist unter dieser unsicheren wirtschaftlichen Gesamtperspektive.
So beantragen dann eine Menge Freiberufler vor dem 31.12.2020 ALG2, aus purer Notwehr, weil wir alle nicht wissen, ob das sogenannte ‚verkürzte Verfahren‘ auch im Januar 2021 noch Geltung hat. [Edit 10.12. – Es hat. Bis zum 31.3.] Das ist doch verdammt zum Kotzen, da ist doch so gut wie nichts zu Ende gedacht worden! Wie wäre es denn mit einer kalkulierbaren Perspektive, liebe Regierung?!

Für mich ist nur Eines klar: Wenn wir die Pandemie im Griff haben, werden sich meine mageren Rücklagen aufgelöst haben, weil jeder Antrag auf Unterstützung von den Behörden nach wie vor unter dem Generalverdacht des Betruges steht, weil die Regierung – wie seit gefühlt 100 Jahren – keine Ahnung hat wie das Leben von Soloselbstständigen tickt … In der Gastromie kann man es sehen, die kleinen Einzelunternehmer bleiben in der öffentlichen Wahrnehmung unsichtbar. Ihr habt uns hängen lassen. Wieder einmal.

Daß mein Steuerberater mich hinten runter fallen läßt, mir aber die Krankenkasse und andere im Nacken sitzen um eines – reichlich überfälligen! – Steuerbescheides willen, das ist nur die Kirsche auf der Torte.