Das Gejammer war für eine fühlende Seele nicht auszuhalten. Langanhaltendes Maunzen in höchsten Tönen, das von Angst und Einsamkeit erzählte, vielleicht auch von Hunger. Vier Uhr morgens, so um den Dreh. Mein Nervenkostüm riss, meine mitleidendes Herz kapitulierte. Schnell in Hose, T-Shirt, Espadrilles. Schlüssel, keine Taschenlampe in Ermangelung einer solchen, suchen gehen.
Die winzige Katze, die auf meine sanften Laute aus dem Gebüsch kam, war keine acht Wochen alt. Nichtmal eine handvoll Tier, einsam, frierend, hungrig.
Mit dem winzigen Tier buchstäblich in der Hosentasche – weit geschnitten, Baumwolle, mit großen Taschen – schlich ich mich ins Hotelzimmer zurück. Das kleine Tier in meiner Tasche bewegte sich kaum merklich, machte sich so breit wie möglich an meiner Hautwärme, nur durch die dünne Schicht Tuch gedämpft, und gab keinen Mucks von sich. Vier Tage lang trug ich sie mit mir, im T-Shirt, unten zur Rolle geschlagen. Wenn sie etwas brauchte, gab sie leise Laut und ich kümmerte mich darum. Vier Tage lang telefonierte ich herum, suchte immer wieder diesen einen Tierschutzverein auf ohne je jemanden anzutreffen, und trug Schmuggelpläne in mir, die mich – Flughäfen, Fluggesellschaften, Quarantänevorschriften – wahrlich in Schwierigkeiten bringen konnten.
Sieben Stunden vor unserem Abflug ließ ich sie schließlich in der Schlinge eines Baumwolltuchs so sanft wie möglich über eine Mauer der besagten Tierschutzorganisation hinab. Unter Schmerzen, erheblichen. Die restlichen Stunden verbrachte ich mit dem Versuch diese Tierschützerin telefonisch zu erreichen, die Sachlage zu erklären und mich verantwortlich zu machen. Wir wollten dieses Tier in D haben, so bald es alt genug dafür war, erklärten uns bereit sämtliche Kosten zu übernehmen etc.pp. Diese Frau allerdings – gegenteiliges versprechend – nahm uns wohl übel, daß wir das Tier über die Mauer gelassen hatten – trotz erklärenden Zettels im Briefkasten. Wie hätten wir wissen können, daß diese Gewitterziege in selbigem Innenhof zwei Hunde regelmäßig allein ließ? Wie hätten wir uns erklären sollen, daß selbige Blödblonde nicht einmal an ihr verdammtes Handy ging, in vier Tagen und ich ungehörte Opern auf eine Mailbox sprechen mußte! (Die Kosten waren abenteuerlich.)
Wohl erfuhren wir noch, daß es dem Tierchen gut gehe, danach geschah rein gar nichts vom Zugesagten, allen Telefonaten nach Spanien zum Trotze.
Daran muß ich gerade denken, denn aus meinem Innenhof höre ich just ähnliches Gejammer. Wenn das nicht gleich aufhört, werde ich wieder losziehen. Diesmal ohne Flug, Quarantänevorschriften u.ä.
Kleine namenlose Katze, du fehlst mir bis heute.