Sachen machen mal ganz anders (mit Photostrecke)

Nach ein paar Stunden im Technikmuseum war es Zeit auf bequemere Schuhe umzusteigen. So setzte ich mich auf den ummauerten Rand des Mühlenteichs, holte die Eccos aus dem Rucksack und beugte mich herunter um die Riemchensandalen aufzuschnallen. Fehler! Ich hörte den Rucksack umfallen und fuhr auf. Zu spät. Ein höhnisches »Plimsch« ließ mich wissen, daß soeben das Hartschalenetui mit der Sonnenbrille im Teich angekommen war. Gerade sah ich es noch versinken, die Sinkgeschwindigkeit zu hoch, meine Arme zu kurz um noch etwas tun zu können. Ich starrte auf das Etui wie das Kaninchen auf die Schlange, um mir einzuprägen, wo genau es abgesoffen sein würde – mehr war nun erstmal nicht zu retten.

Mein Sehfehler ist ein sehr spezieller, die Sonnenbrille ist es mithin auch. Allein die phototropen Korrekturgläser kosten über 400 Euro, so waren da gerade lässige 500 Euro ertrunken. Das lohnte einiges an Einsatz. Ein Museumsmitarbeiter war zügig gefunden, der mir immerhin ein rechenartiges Gerät zur Verfügung stellen konnte. Schnell war klar: Das brachte gar nichts. Ein Vollbiotop, seit 10 Jahren nicht abgelassen oder gereinigt, Mulch in Mengen, eine Sichttiefe von nichtmal 5 Zentimetern. Ich also raus aus den Hosen und den Schuhen, das Hemd unter der Brust verknotet, und ab dafür. Man versicherte, das Wasser sei einen halben Meter tief. Das war gelogen! Natürlich merkt man das erst, wenn man sich in den Teich herabläßt, einem dann das Wasser bis zur halben Brust steht und einem den Atem verschlägt. 16,17 Grad – nicht mehr. Nichtsdesto tastete ich tapfer watend mit den Füßen den Grund ab. Es dauerte indes nicht lange bis ich aufgeben mußte. Man ahnt gar nicht wie schnell einem die Muskeln verkrampfen und die Nervenenden außer »Zu kalt!« keinerlei Rückmeldung mehr geben wollen.
Was nun? Inzwischen war der halbe Laden informiert, doch kam vor allem Ratlosigkeit auf. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag, man wollte dann einen Kescher für mich auftreiben und war sogar so entgegenkommend, den Teich nicht zu fluten. Das bedeutet: Eine der Hauptattraktionen, das Mühlrad, steht still, und der Wasserspiegel im Teich sinkt bis zum Morgen um etwa 30 Zentimeter.
Was dann Sonntags geschah, sieht man hier:

Das komische Ding um den Bauch ist ein alter Elastikgürtel, den ich benutzt habe um den Neoprenanzug halbwegs dicht an den Körper zu kriegen. Es ist nämlich nicht mein Anzug und mir im Grunde zu groß. Dokumentiert wurde die eigenwillige Sontagsbeschäftigung übrigens vom Besitzer des Anzugs. Im Technikmuseum war ich an diesem Tag DIE Attraktion. Während ich den Teich abschritt, die Augen immer auf dem Wasser um die Umsetzung der Planquadrate in meinem Kopf auf die Wasserfläche nicht aus den Augen zu verlieren, habe ich für jede Menge Kinder den Conferencier gegeben. »Was machst du da?« – »Wieso suchst du denn ‘ne Brille, du hast doch eine auf?« – »Ist das kalt?« – »Ist das tief?« – »Sind da Fische drin?« – »Gibts da Krebse/Schlangen/Haie?« So in der Art. Neopren ist, nebenbei gesagt, ein tolles Zeug! Mir wurde nicht kalt da drin, eher wurde es mit der Zeit immmer angenehmer. Nach zweimal 45 Minuten mußte ich dann aber doch aufgeben. Hatte einfach keine Kraft mehr. Fündig wurde ich mit allem von Kabelbindern, über Plastikfolien bis zu Vasen und Gläsern. Nur das Brillenetui, das hat sich nicht finden lassen.
Montag kannte ich jeden einzelnen Muskelstrang mit Vornamen, Sport war für die Woche gestrichen. Wer den Schaden hat, spottet eben jeder Beschreibung …

Der Kostenvoranschlag für eine neue Brille in der alten Qualität lautet auf 430 Euro – die Fassung ist kostenlos. Ich hadere noch. Vielleicht setze ich mich demnächst – im Taucheranzug – mit dem Hut in die Fußgängerzone.