Dieses Jahr schenken wir uns nix

Ich komme ich aus einer Familie, die das Schenken zelebriert hat, jedenfalls habe ich es immer so empfunden. Wichtig war nie der Preis eines Geschenks, sondern sein Wert – für den Beschenkten. Ich lernte früh von mir abzusehen. Mir sollte das Geschenk ja nicht gefallen, sondern dem Menschen, der es bekommen sollte. Gut, wenn man das früh verinnerlicht, es ist ein Schutz gegen Enttäuschungen auf beiden Seiten.

Da sind wir dann an dem Punkt, der mir am Schenken den größten Spaß macht – nicht nur zu Weihnachten: Es ist eine Herausforderung herauszufinden, was die »Zielperson« erfreuen kann. Besonders schwierig ist es bei Menschen, die selten Wünsche äußern. Noch komplizierter: Personen mit vielen Interessen und Hobbys, die mal dieses mal jenes Pferd reiten. Deshalb bitte ich den Mann in meinem Leben immer um einen Wunschzettel. (Auch ich habe einen, gibt Anhaltspunkte.) Mit diesen Wunschzetteln ist auf jeden Fall ein Volltreffer dabei. Für ihn kommen aber immer mehrere Geschenke zusammen, einfach weil mich über’s ganze Jahr Dinge anspringen, auf denen sozusagen sein Name steht.

Was ich auch gerne mache: Geschenke aus der Küche – werden ganz besonders goutiert von den lieben Menschen, die keine großen Köche sind.

Ich höre meinen Freunden das ganze Jahr zu, die großen Wünscheschweiger muß ich einfach beobachten, aufmerksam sein. Geschenke zu machen ist kein Zwang und auch kein Druck, es ist Herzensarbeit. Meinem Herzen tut sie gut. Und fällt auch mal aus, jedenfalls an Weihnachten.

Mit der Münchner Freundin habe ich vereinbart, daß wir nur dann einander mehr als einen Brief schicken, wenn uns etwas angesprungen hat. Wir sehen uns zu selten, sie ist ein Hansdampf in vielen Gassen, und manchmal weiß ich einfach nicht, was ihr gerade gut gefallen würde. Das tut unserer Freundschaft keinen Abbruch.

Zwischen meinem Lieblingsbruder und mir ist das alles noch einmal ganz anders. Er ist ökonomisch gut aufgestellt und hat Steckenpferde, die hochspezialisiert und eher teuer sind – da bin ich raus. Er ist nicht oft genug um mich herum um zu wissen wofür ich mich gerade packe. Passt schon. Dafür kommt es immer mal wieder vor, daß wir uns Bücher schicken, elektronisch oder in Holz, von denen wir wissen, daß sie den anderen interessieren werden. Wir schenken einander auch oft Zeit – Recherchen, Artikel, die uns aufgefallen sind, sowas eben. Von stundenlangen Telefonaten ganz zu schweigen …😉

Was hilft: Wir sind alle Nachhaltigkeitsfexe. Daß ein Pullover Second Hand erworben wurde, sieht man ihm nicht an, also ist es egal. Auch gegen antiquarisch erworbene Bücher ist niemand allergisch, im Gegenteil.
Der Überraschungseffekt spielt eine eher kleine Rolle: Meine Freundin schenkt mir seit vier Jahren einen Wandkalender aus einer bestimmten Edition, der mich jedes Jahr wieder begeistert, und ob des Preises bei mir unter den Begriff Luxusgüter fällt. Wunderbar! (Kürzlich beschwerte sie sich vorsichtig, ihr werde das langsam zu langweilig. Bin gespannt, ob nun ein Wechsel ansteht.)

Beschenkt zu werden finde ich auch ganz toll. Einfach mal so, zu Weihnachten oder zum Geburtstag – egal.
Von sehr nahestehenden Menschen kein Geburtstags- oder Weihnachtspräsent zu erhalten, würde mich schon traurig machen – ob ich’s zeigen würde, steht auf einem anderen Blatt. Ich fürchte aber, man würde es mir anmerken. Schenken ist ja auch immer ein Ausdruck von Wertschätzung, von Zuneigung. Und vergessen wir die Vorfreude und die Neugier nicht. Das ist das Schöne an Weihnachten und an Geburtstagen. Sie kommen nicht plötzlich, geben also Gelegenheit zur Vorfreude. Ich fahre auch lieber langfristig geplant in den Urlaub, nicht spontan, eben aus diesem Grund.

Allerdings möchte ich nicht unterschlagen, daß Schenken auch verletzen kann. Hat man nicht zugehört, die Lage falsch eingeschätzt, oder etwas nicht ernst genommen, geht die Sache in die Hose: Bevor ich anfing selbst Marionetten zu bauen, wünschte ich mir vor langer Zeit einmal zum Geburtstag eine Marionette in Gestalt eines Seemanns. Ich liebe das Meer, fahre an jedes, daß ich erwischen kann. Das war schon damals so, war also wichtig.
Bekommen habe ich eine Oma-Marionette mit Dutt und Brille. Meine Mutter fand das lustig, ich war tief gekränkt. Wo war da der Bezug zu mir? Und sollte es einen solchen geben, war er wenig schmeichelhaft. Das ist etwas, das Geschenke niemals sein sollten: Verkappte Kritik oder gar erzieherische Maßnahme. Das geht schief. Immer.

Kurzfassung: Ich liebe es zu schenken und beschenkt zu werden. Höflichkeitsgeschenke mache ich nicht, kriege ich nicht. Empathie und Mitdenken sind mehr als die halbe Miete. Die Jagd nach etwas, daß beim anderen Freude auslöst, macht mir richtig Spaß und hängt eher nicht an den Finanzen. Mit viel Geld kann ich auf die Pauke hauen, mit wenig Geld ist es die Handtrommel. Meine Freunde halten es genau so.

Dieses Jahr schenken wir uns nix – das würde mich einfach nur deprimiert stimmen.

(Meine Antwort auf einen Text der Queen)

3 Kommentare

  1. Deine Art des Schenkens drückt für mich Wertschätzung pur aus. Wenn man weiß, womit man jemandem eine Freude machen kann, macht das Ganze auch viel mehr Spaß. Verlegenheitsgeschenke oder irgendein Kram nur um des Schenkens willen spart man sich lieber. Bei deiner Marionette sind mir auch so ein paar „Highlights“ in den Kopf gekommen. Mit 16 habe ich von der einen Oma eine Puppe bekommen – war jetzt nicht so unbedingt das, was ich mir gewünscht habe. Und später mal von meinen Eltern eine Waage – ich hatte nach dem Auszug etwas zugenommen. Dadurch beinahe in die Magersucht abgerutscht. Geschenke können also ganz schön nach hinten losgehen.
    Ich habe nur ein Problem beim Schenken. Wenn ich etwas Tolles entdecke, kann ich oft selbst gar nicht so lange warten und schenke dann halt anlassunbezogen. Wenn ich jemandem eine Freude machen kann, fehlt mir irgendwie die Geduld. Hat sich aber noch nie jemand beschwert 😄.
    Liebe Grüße!

  2. Wieso würden Dich Geschenke denn dies‘ Jahr so deprimieren?

    Ich bekam übrigens gestern eines – eine echte Lächelpostkarte, über die ich mich nun bei jedem Ansehen freuen kann. Auch heute morgen hat sie mir das erste Lächeln des Tages beschert. Danke Dir dafür!

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