Sprache und Sprachbeherrschung konstituieren das Denken zu einem wesentlichen Teil. Dies im Hinterkopf, sitzt man häufig mit Tränen des Schmerzes vor dem Fernseher oder dem Radio. (Anmerkung: Im Radio wird die Sprache überwiegend noch sehr viel pfleglicher und sorgsamer behandelt. Ein Punkt, der mir zu denken gibt.)
Man leidet schweigend vor sich hin, denkt ein ums andere Mal »Rettet den Genitiv. – Das wird so nicht ausgesprochen. – Schonmal von Beugungsformen gehört?« und wähnt sich einsam, ein Sprach-Dinosaurier.
Jedoch: Heureka, ich bin nicht allein! Heute sah ich mir das letze Programm von Dieter Hildebrandt an, lachte Tränen, und habe knapp anderthalb Minuten davon mitgeschrieben:
Es war gestern, als mir die folgenden Reime einfalten:
Oh Herr, der du die deutsche Sprache einst erfundst,
den inperfekten Konjunktivus hab‘ ich nie gekunst,
obwohl ich jahrelang damit herum mich schlagte … schlug,
so daß der Zweifel an mir nagte – nein: er nug.
Warum ich diesen Gipfel nie erklommte
– ich meine, daß ich auf den Gipfel nie so richtig kommte?
Verzeih, oh Herr, daß ich um Rat dich bittete,
warum ich unter dieser Sprache immer littete.
Dieter Hildebrandt, Soest, Februar 2013
[Aus November 2015]