Rhetorik

Schon lange Zeit befasse ich mich mit Kommunikationsmustern. Jeder nutzt sie, je nach Zielführung mehr oder weniger erfolgreich. Sie können auf Konsens und Verständigung gerichtet sein. Dann gelingt ein Gespräch. Andere Muster biegen den Gesprächsgegenstand um. Sie sind kompetitiv und auf den Schutz eines Egos/eines Glaubenssatzes/eines Selbstbildes gerichtet. Ich sehe diese Muster oft (auch bei mir) und schaffe es nicht immer sie zu durchbrechen. Doch sie zu erkennen kann helfen nicht in bestimmte Schleifen zu geraten.

Teil 1 – Whataboutism
Man ist mit etwas nicht einverstanden, artikuliert präzise, was stört, und kriegt zu hören ‘Ich glaube, das geht am Problem vorbei’ Wie meinen? Man stört sich an etwas, und der andere entscheidet, der Haken läge aber ganz woanders? (vergl. Deutungshoheit)

Das Nächste, was passiert, wird sein, daß ein Punkt vorgelegt wird, mit dem das Gesprächsgegenüber ein Problem hat. Gefolgt von Kritik. Hier ist es prinzipiell unerheblich, ob diese Kritik berechtigt ist. Es geht nicht um Inhalte sondern um den erfolgreichen Wechsel des Bezugsrahmens im Gespräch. Durch die (Gegen)Kritik findet eine Art … Beweislastumkehr statt. Das Gegenüber wird in eine Verteidigungshaltung gedrängt, und genötigt sich nur noch mit dem Punkt zu befassen, über den der andere reden will (um über das Ursprungsthema nicht reden zu müssen).
Damit ist der fein raus. Der Wechsel des Frames ist gelungen.
Die Ursprungsfrage kommt in der Regel nie wieder auf den Tisch.
(Geschickte Rhetoriker machen hier auch gerne mehrere Kritikschleifen auf, bis der andere nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht. Die Kaperung der Deutungshoheit darf auch ausgelassen werden.)

So geht Whataboutism, genau so.

2 Kommentare

  1. Interessant, mache weiter. Die Motivation so zu verfahren hat, denke ich, mehrere Seiten. Anlass, Ort, Zeit, Ziel der Kommunikation und tatsächlicher Verlauf.

    1. Räusper. Grins. Jede Kommunikation hat mindestens zwei Seiten, nein?
      Der Kern der obigen ist eine Vermeidungsstrategie auf der Basis eines erzwungenen Themawechsels, gerne auch qua persönlicher Angriffe (vergl. Ebenenwechsel) Mein Bruder fühlte sich spontan an den Vater erinnert: »Whataboutism, der Cousin vom A.’schen Themendreher. 😄«

      Auf jeden Fall verlässt man damit die konstruktive Ebene, denn eine Einlassung auf das Thema des anderen findet nicht statt.

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