Dinge, die ich nicht mehr tue

  • in der Gegend herumreisen ohne daß mindestens ein Freund weiß wo ich bin und was ich vorhabe.
  • bekomme ich Besuch, den ich noch nicht gut kenne, ist das nicht nur mein Ding. Es weiß mindestens ein Freund davon.
  • Heimwege zurücklegen ohne meiner Verabredung oder einem Freund ein Ping zu schicken »Bin wieder zu Hause.« (Kommen die nicht und ein Anrufversuch ist erfolglos, wird direkt die Polizei eingeschaltet. Da meine Freunde mich als pünktlich und zuverlässig kennen, haben wir hier ein Zeitfenster von zehn Minuten.) Wir machen das gegenseitig. Habe kürzlich noch einer Freundin den Kopf gewaschen, die den Ping vergessen hatte. Hatte schon beinahe die Kavallerie in Marsch gesetzt, doch erreichte ich sie am Telefon.
  • Düster- und Stillwege ohne Heimwegtelefon zurücklegen.
  • die Außentür nachts nicht abschließen.
  • öffnen ohne Nachfrage, wer vor der Tür steht.
  • im Taxi vorn einsteigen.
  • ohne ein Handy aus dem Haus gehen (bestenfalls auf den Müllhof).

Was machen Frauen ohne Freundeskreis? Ich frage mich auch, ob Männer, die allein wohnen, auch so handeln. Vermutlich eher nicht. Nun werden weibliche Wesen sowieso von Kindheit an darauf geeicht auf die Eigensicherung zu achten. Doch hat das Alleinewohnen, damit keinen Menschen zwingend täglich sehen, meine Eigensicherungsmechanismen – von mir unbemerkt, quasi stille Automatik – wieder hochgefahren. Ich kam heute nur darauf, weil in einem Krimi (ausgerechnet!) die erschütternde Info auftauchte, daß jeden dritten Tag in Deutschland eine Frau gewaltsam zu Tode kommt (in der Regel nicht durch Unbekannte).

Kaue immer noch auf dieser furchtbaren Zahl herum.


Bildquelle: Pixabay

9 Kommentare

  1. Boah, wie gruselig,- sich so extrem absichern zu müssen bedeutet ja auch, die ganze Zeit mit einem Grund-Mißtrauen herumzulaufen. Das stelle ich mir schrecklich vor!
    Ich bitte die Herumkauzahl mal anders zu betrachten:
    1. „In der Regel nicht durch Unbekannte“!!!!! Das kann man zwar auch schrecklich finden (und ja, es IST schrecklich), relativiert aber diese ganzen Ängste vor dunklen Wegen und allein draußen sein doch sehr, finde ich
    2.“Jeden 3. Tag eine“ heißt, daß Millionen nichts passiert.

    Für mich käme diese Art der Vorsorge jedenfalls nicht in Frage.
    Leider bin auch ich, wie es anscheinend normal ist, alternd ängstlicher geworden. Aber ich kann aus meinen Alleinzeiten (auch letztens im Kurzurlaub) sagen, daß ich es genieße, gerade abends allein durch dann stille Gassen zu gehen und mir dabei keine Sorgen mache. Ich kann nur hoffen, daß es vielen Frauen (und Männern) ähnlich geht.

  2. Jetzt kaue übrigens ICH… 😄
    Hab überlegt, ob’s evtl der Stadt-Land Unterschied ausmacht. Berlin ist insgesamt atmosphärisch ein härteres Pflaster als die kleineren Städte, in denen ich mich aufhalte. Und in der Ubahn in der Großstadt zB fühle ich mich auch unwohl, während ich die Ubahn bei Bonn ohne Magengrummeln nutze.
    Vielleicht würde ich in der Großstadt auch ein anderes (Un-)Sicherheitsgefühl entwickeln?
    Anyway, das tut mir echt leid für Dich!

    1. Verstehe mich nicht falsch – ich bewege mich vollkommen angstfrei. So ziemlich überall. Ich sorge lediglich dafür, daß jemand weiß, wo ich mich herumtreibe.
      Nur wenn ich das Heimwegtelefon nutzen muß, ist mir ein Weg wirklich unheimlich und ich bin leicht angespannt. Und ja, es hat mit der großen Stadt zu tun.
      In letzter Zeit häufen sich die Einbrüche in meinem Viertel, seltsamen Stress mit Taxlern habe ich schon erlebt (brauche ich nicht wieder), diese Absicherungen haben also Gründe. Aber Angst oder grundlegendes Misstrauen – nicht die Spur!

      Punkt Drei machen wir schon seit Studentenzeiten so, und er hat mir in einer eisigen Winternacht mal das Leben gerettet. Ich war auf dem Heimweg gestürzt, hatte mir den Knöchel verletzt und konnte nicht aufstehen. Weil der Ping ausblieb (damals hatte nicht jeder ein Handy) ging meine Freundin meinen Heimweg ab und fand mich. Den Rest der Nacht haben wir in der Notaufnahme verbracht. Grins.

      1. Okay – für mich wäre sowas immer mit einer Grundstimmung des Angsthabenmüssens und Menschennichtvertrauens verbunden.
        Auch da gilt also: jeder Jeck ist anders!
        Gut so.

        1. Deine Situation ist ohnehin grundlegend anders als meine: Du wohnst nicht alleine. Es gibt also jemanden, dem sofort auffallen würde, wenn etwas nicht stimmt. Bei mir wäre das ohne die erwähnten Maßnahmen nicht der Fall.
          Vor diesem Hintergrund sieht mein Text schon ganz anders aus, oder?

  3. Nein, denn das habe ich durchaus verstanden und mich deshalb auf die Zeiten bezogen, in denen ich allein unterwegs war und bin (allein gelebt habe bzw jetzt allein unterwegs war ohne Kommunikation – abgemeldet hatte ich mich, bewusst gesagt: mach Dir keine Sorgen, wenn ich mich 3 Tage nicht melde, ich bin mal WEG!! Daß ich das dann nicht ganz durchgehalten habe, ändert ja nix *g*)

    1. Drei Tage komplett abtauchen? Würde ich so nie machen. Ginge auch gar nicht – meine Freunde würden mir den Kopf abreissen. :-)

      1. *ggg*
        Das könnten dann in dieser Hinsicht meine Freunde nicht sein – um es deutlich zu machen: als ich damals recht frisch in meiner Würzburger WG wohnte, fuhr ich eines Feierabends noch mit zu einem anderen Lehrling zum lernen. Als ich – vielleicht zweieinhalb Stunden später als sonst – daheim den Schlüssel in die Tür steckte, empfing man mich mit „WO HAST DU DENN GESTECKT? WIR HABEN UNS SORGEN GEMACHT!“ Ich bin – total untypisch für mich – richtig explodiert, mit lautwerden und Türeknallen und so:
        wenn ich was nicht abkann ist es, unter Kontrolle zu stehen – und genau so kam dieses „Sorgen machen“ bei mir an.
        Kindheitstraumata, die mir inzwischen zwar bewusst sind, aber ich mag’s nach wie vor nicht, wenn ich mich wo an- oder abmelden „sollte“

        1. Sorry, aber kann es sein, da bist du ein wenig … eindimensional?

          Die gegenseitige Aufmerksamkeit für den/die anderen ist ja unter uns so vereinbart. Sie ist auch nicht so engmaschig, daß auch nur der Gedanke an Kontrolle aufkäme – das gibt es nur in Sonderfällen und nach Vereinbarung. Ich habe keine Eltern mehr, meine Restfamilie ist weit weg, und für mich fühlt es sich gut an, freundliche Nachfragen über den Messenger zu kriegen (Alles okay bei dir? Du bist so still.)
          Um mit Grönemeyer zu sprechen: Sie sind mein Netz, mein doppelter Boden. :-)

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