Räuber, Mörder, Totengräber

Vor Jahren hatte Leo einen Spatzen gefangen, eine Sache von einer Hundertstelsekunde, danach die Lage: Leo, Netz und Beute im Maul. Es war nicht leicht ihn davon zu überzeugen den Vogel fahren zu lassen, doch war die Situation anders nicht zu lösen, denn der Kater hatte den Spatzen durchs Netz erwischt, ohne dieses zu beschädigen, saß also fest so lange er die Beute nicht loslies.

Heute Morgen war es dann ganz anders. Bevor ich die Tiere auf den Balkon lasse, sehe ich immer nach ob etwas kräucht. Es kräuchte nichts, ich ließ die die Tiere also raus. In der nächsten Minute kam ein unerfahrenes Jungtier über das Katzennetz geflogen und befand sich damit in der Loggia, nicht mehr davor. Der Jagdtrieb der Kater brach aus dem Stand aus und damit die Hölle los: Ein panisch flatternder Vogel, zwei jagende einander zuarbeitende Prädatoren. Leo hatte ich mit schnellem Griff und sperrte ihn in Sekunden in die Küche. Doch habe ich nur zwei Hände – Merlin zu greifen und danach den Vogel wieder in die Freiheit zu entlassen, gelang mir nicht – der Vogel zu panisch, Merlin zu schnell. Sein Zugriff war präzise, doch erst nur ein Griff, noch lebte der Vogel. Doch mein Eingriffsversuch kam zu spät, der kleine Spatz starb in Merlins Maul einen Schrecktod, vor meinen entsetzten Augen.

Im Tausch gegen Lachspaste war der kleine Jäger bereit mir seine Beute zu überlassen. Ich habe den Vogel heute am Abend unter der Schwarzpappel bestattet – ein Tier einfach in den Müll zu werfen, brächte ich nie fertig. Wann immer so etwas geschieht (4x in 15 Jahren, trotz Netz), blutet mir das Herz, und mir geht es lange nach.
Doch wie idiotisch wäre es den kleinen Kater abzustrafen? Er ist und bleibt ein Raubtier und folgt seinen Instinkten. Ich habe getan, was ich konnte solche Situationen zu unterbinden, aber manchmal hat man einfach Pech.
Kann nur hoffen, daß die Spatzentruppe das Drama begriffen hat und sich ein wenig mehr fern hält. Nach Leos Jagderfolg damals war das lange so; leider hatte die schätzungsweise zehnte Spatzengeneration nach dieser Geschichte diese alte Erfahrung nicht mehr auf dem Schirm. Noch härter spannen kann ich das Netz nicht, dann würde es zur Kletterhilfe für die Kater; die Lücke oben ist ohnehin maximal acht Zentimeter hoch.

Pech, einfach Pech. Es tut mir so leid um den kleinen Vogel.