Kommissarisch

Stelle ich mir vor, ich müßte flüchten und von all den Dingen in meinem Leben über Jahrzehnte und auf 110 qm könnte ich vier Kisten packen, es wäre schwer. Genau das mußte ich jetzt tun – für jemand anderen. Noch schwerer. So war ich durchlässig und empfindlich/empfindsam – es brauchte alle Empathie, die ich aufzubringen vermag, um diesen Auftrag auszuführen.
Jedes Möbel, jeder Gegenstand hat eine Geschichte. Welche Geschichten sollen ihr unbedingt bleiben?
Mein Bruder hilft mir sehr. Er ist duldsam und gelassen, zupackend und pragmatisch, hilft mir auch mit Humor, wo mir eher nach Heulen ist.
Auch körperlich ist die Sache hart. Von A nach B nach C nach D, treppauf treppab. Tausend Kilometer obendrein. Die Ankunft in Berlin fühle ich als Schlag in den Magen – die Mutter wirr wie selten. Nun stehen die Kisten und die Kommode wenigstens im Zimmer. Auspacken, verräumen – mein Job, doch nicht mehr an diesem Tag – es ist 18 Uhr, meine Kraft am Ende, die Haustechnik nicht mehr im Zugriff. Bin dankbar für die Pflegedienstleitung, die uns unterstützt wo sie kann.

Zuhause bin ich total erschlagen – und komplett überdreht. Nach dem Abflug des Bruders konsolidiere ich meinen Haushalt: Integriere Dinge aus dem elterlichen Leben in meinen Laden, sortiere, räume, nutze die Gelegenheit bis weit in diesen Freitag die Radikalität, die es in ihrer Wohnung brauchte, auch in meine eigene zu tragen.
Nicht zu fassen welche Last Materie sein kann …

Pause. Bin bis auf die Knochen erschöpft, von Innen nach Außen. Vier Tage wieder … Im Mai muß ich noch einmal fahren – Auktionshaus, Entrümpler, Übergabe.
Auch in meinem Leben gibt es höllisch viel zu tun.
Was immer – ich schrieb Listen, die ich abarbeiten werde. Jetzt aber unbedingt: Wochenende. Null Mutterdinge, null Berufskram – einfach Ruhe. Von dem Drehmoment, das mich noch immer umtreibt, muß ich erstmal runterkommen …

Auch: Der Empfang zu Hause wunderschön: Der Laden sauber, die Katzen versorgt, ein liebevoller Rosenstrauß auf dem Tisch, und der Mann hatte für mich gekocht. Hat mir leid getan, daß mein Magen wie zugeschnürt war. Habe das Essen heute um so mehr genossen. Wie schön, daß es Kühlschränke gibt. :-)