Ein Vorfrühlingstag, Sonne am Balkon, folglich Kaffee draußen im dünnen Nachtgewand. Frau wittert Morgenluft.
Später Vertragsunterzeichnung im Seniorenheim. Trotz meiner Vorbereitung nach Checkliste gibt es noch eine Menge Papiere, die ich nie zuvor gesehen habe. Antrag auf Entbindung von der Ausweispflicht? Nie gehört, absolut sinnvoll und hilfreich. Neue Apotheken, neuer Bereitschaftsarzt, Grenzen der Betreuungspflicht, Datenschutz rauf und runter, Treuhandkonto zur Taschengeldverwaltung, SEPA, Öffentlichkeitsdarstellung, Abmeldung von der GEZ – dieser Tiger ist der größte den ich je sah.
Alles egal – ich will nur, daß meine Ma das Zimmer sieht und sagt:»Oh, schön. Und soviel Licht. Den Balkon finde ich toll.«
Schlafe schlecht, habe wilde Träume. Die Jungs aus dem Keller schicken Ballons in Serie. Verdammt! Ruhe da unten! Ich kann nur in aller Beweglichkeit das Beste hoffen und für Bewegung sorgen, wo sie nötig sein sollte.
Freue mich darauf meine Ma zu sehen, wünsche mir mehr als alles andere, daß sie sich willkommen fühlt. Was ich dazu tun kann, tue ich.
Fühle mich wie die Abiturientin vor dem Abschlussball.
»Wow!« sagt mir die Ansprechpartnerin in der Seniorenresidenz, »Sie sind aber organisiert! So vorbildlich habe ich das noch nie gesehen!« Ich kann das nur weglächeln. Mein eigenes Leben ist seit einiger Zeit reichlich desorganisiert. Hier aber habe ich die vollumfängliche Verantwortung für ein anderes Leben – das ist ein anderer Strumpf.
Beten wir, zu wem auch immer.