Ein Jahr ist Merlin jetzt bei mir/uns, und weil er so ein angstloser Rabauke ist, spielt sich die soziale Struktur unter den Tieren zwar sichtbar ein, doch hat die Sache Amplitude. Anders gesagt: Wenn in der Gruppe klar ist, wer hier wo das Sagen hat, stellt sich der Halbstarke immer mal wieder hin und probt den Aufstand. Das ist kurz und heftig, und es fliegt Fell in alle Richtungen, aber dann ist auch gut und erstmal wieder klar. Bis zum nächsten Mal – und die Abstände werden immer größer, die Geschichte entwickelt sich also in die richtige Richtung.
Heute mußten die beiden Kater mal wieder Grenzen klären, und taten das laut, heftig und als Kampfknäuel. Einer von uns ist physisch dazwischen gegangen, weil es wirklich heftig abging. Normalerweise tue ich das nur mit der Stimme, und das reicht in der Regel auch, denn Alpha für alle bin ich. Heute war das anders, ein Eingriff nötig.
Bilanz: Leos Auge tränt wie verrückt, Merlin hat eine blutende Rissverletzung im Fußballen.
Wieder einmal habe ich Grund die Pandemie aus tiefstem Herzen zu verfluchen: Meine beiden Tierärzte sind beide weit von ihren Praxen – nix los, machen wir etwas anderes. Der Wagen springt nicht an, Tierklinik fällt also aus, und Frau setzt sich nicht eine Stunde in die Öffis, wenn nicht klar ist, ob der Glaskörper des Auges perforiert ist, denn dann ist Eile geboten. Taxi kann ich mir hier auch sparen – ein Hausbesuch eines Tierarztes käme genau so teuer und wäre gleich schnell. Ergo: Mobiler Tierarzt (Felmo). Der junge Mann ist binnen 45 Minuten da, ist aber ein Mann (mit denen hat Leo eher keinen Vertrag), obendrein mit schwerem Aftershave. Folgerichtig läßt Leos Kooperation zu wünschen übrig: Panik inklusive Panikschiss, es dauert dreizehn Minuten bis ich den Prinzen im Griff habe, und wir uns ansehen können wie schwer der Schaden ist. Halbwegs glimpflich: Eine Hornhautverletzung, Glaskörper o.B. Nun also Antibiotika alle zwei Stunden, damit sich da nichts entzündet. Metacam fällt aus – bei Struvit- oder Nierenpatienten verbietet sich das. Mit den Schmerzen wird Leo also einfach leben müssen.
Jetzt liegen alle herum, tiefenentspannt. Jeder schläft in einem Eck seinen Aggressionsrausch und das Stresslevel aus. Auf die Höhe der Arztrechnung sind der Mann und ich gespannt.
Das Schwierigste: Die Interpretation. Ich sehe, daß die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Katern immer seltener werden und in größeren Abständen kommen. Ich sehe auch: Ich sollte den Dingen ihren Lauf lassen soweit möglich, sonst finden die nie zu einer Gruppenstruktur, die funktioniert. Wenn es auch schwer fällt, Großkatzen sollten sich aus diesen Klärungskämpfen so weit wie möglich heraushalten. Geduld muß man haben dabei. Wenn die Tiere nicht direkt ein Herz und eine Seele werden (kommt vor), kann sich der Prozess der sozialen Struktur über Jahre ziehen.
Die Story heute war ein Unfall. Wollten sie einander wirklich ans Leder, hätte ich Bissverletzungen und zerfetzte Ohren gesehen.
Der Mann, mit weniger Langmut und weniger Erfahrung, muß von mir erst davon überzeugt werden, daß die Zwei einander nicht umbringen wollten – Katerkämpfe sehen wirklich wüst aus.
Nichtsdesto hätten die Zweibeiner auf dieses Zwischenspiel gut verzichten können. Ich sag’s ja: Scheiß Testoteron!
Achach… das ist heftig, und ich kann den inneren Konflikt ums eingreifen (oder eben nicht) nur zu gut verstehen.
Aber eines sag ich Dir: um Eure mobilen Tierärzte kann ich Euch Großstädter nur beneiden!
Hier heißt es „aushalten und abwarten“, wenn nichts ist, das akut tödlich sein könnte, denn unseren Mauski kriegen wir nicht mehr in die Transportbox.
So musste er seine letzte Kampfverletzung (von draußen; 2x Biß, ein Zahn oben, einer unten im rückennahen Schwanzbereich; so wirkte es jedenfalls auf uns) allein durchstehen. Wir konnten nur ein Auge draufhalten wg. Entzündung (nein) . Selbst eine gründliche Betrachtung ging nicht.
Das Foto oben würde ja niemals vermuten lassen, daß sowas vorkommt! Knuffels!!!😄
Es muß ja nun auch Vorteile haben in einer Großstadt zu leben.😄 Dafür beneide ich dich glühend um die Nähe zur Natur. Ich müßte in die Öffis – was ich aktuell gar nicht möchte – um einen Wald zu erreichen und blicke ergo seit April nur auf Mauern und Häuser. Eine Pest!
Was euer Transportboxproblem betrifft, so rate ich zu unverblümter Gewalt, in Jacke und mit Handschuhen. Keine Sorge, sie vergessen diese Übergriffe binnen kurzer Zeit. Kann ja nicht angehen, daß ärztliche Versorgung am Katzentrotzkopf scheitert. Ich bin übrigens gestern auch zum Kollateralschaden geworden: zwei heftige Kratzer an der Halsseite, Leos panikgetriebenen Hinterkrallen geschuldet. Er war also nicht der einzige, der mit Antibiotika behandelt werden mußte. 😄 Stört mich aber nicht weiter, was die Katzen angeht, bin ich hart im Nehmen.
Ich schätze, sollte es je wieder nötig sein, wird es so laufen müssen :-(
Und wie ich den Mauski kenne: der vergisst das NICHT. Schon garnicht schnell.
Nuja, wat mutt dat mutt – ich hoffe halt mal, et mutt nich‘ ;-)