Gedanken in der Nacht vor Neujahr

Wie fremd man sich selbst werden kann in einem Jahr.
Introvert, das ja, aber wilde Feste im wohlgewählten Freundeskreis, Tanzfreude, Theater, Konzert, Oper zwei oder drei Mal im Jahr, aber genossen und ersehnt. Leidenschaftlich den Job machen (und sich immer wieder über Tische ziehen lassen, aber das ist eine eigene Geschichte), jedes Jahr etwas machen, was man vorher noch nie gemacht hat … etcpp.

Mit diesem Silvester finde ich mich an einem Punkt, an dem meine Motivation – gleich wofür – nur noch funktioniert wie eine defekte Stromleitung: Völlig unvorhersehbar, wann die mal wieder auf ‘On’ ist. Ich kann ganze Tage lesend verbringen und muß mich treten um mich auch nur anzuziehen – es sieht ja ‘eh keiner. Mein innerer Calvin sorgt dafür, daß ich meine Verträge sauber erfülle. Gut so. Aber etwas Neues anfangen? Akquieren? Das neue Kleid nähen? Regelmäßig rudern? ….

Ich bin sehr froh über die Tiere. Sie brauchen die Fütterungszeiten, sie brauchen die Fürsorge, die Spiele, die Streicheleinheiten. Mit anderen Worten: Es gibt Lebewesen für die ich verantwortlich bin und die auf mich angewiesen sind. Damit ist der absolute Schlabbermodus ausgeschlossen. Bastet sei Dank!

Ich halte mich gut, verwahrlose nicht, interessiere mich noch für die Welt da draußen – doch dem Grunde nach bin ich wie ein Bär im Winterschlaf: Warten auf bessere Zeiten. Ich werde dieses verfluchte Jahr mein Lebtag nicht vergessen, und wäre froh, wenn ich mit diesem auch die Pandemie verabschieden dürfte. Leider ist die Regierung in Sachen der Umsetzung der Impfungen typisch deutsch und enorm larmarschig, und diese Lage fordert meine Geduld bis an die Belastungsgrenze.

Wer werden wir alle sein nach diesem Höllenjahr?
Die ‘alte’ Normalität will ich nicht zuück (wie dumm müßte man auch dafür sein?), doch nicht mehr auf dem Gehsteig automatisch auf anderthalb Meter ausweichen, meinen Leuten wieder um den Hals fallen, und sich anderswo als im Freien wieder wohlfühlen mit anderen Menschen – das wär’ schon ‘was.

Ich wünsche allen, die mich lesen, eine schönen Übertritt ins Jahr 2021 – und die Zuversicht, die jetzt bitter nötig ist.