Sleepless in Berlin

Der Tag begann wieder mit einer Telefonreihe. Ma, aus der Reha zurück, geht nicht ans Telefon, vier Stunden lang. Ich rufe ihre Bekannten und Freunde und meinen Bruder an – hat jemand sie gesprochen oder gesehen? Leider nein, auch der Freundin, die sie überraschen wollte, wurde nicht geöffnet. Okay. Better safe than sorry – ich setze das Hausnotrufteam vom ASB in Marsch. Kurze Zeit später Entwarnung, alles in Ordnung, alle Telefone waren tot wg. nicht geladen.

Zweiter Teil – die angerufenen Bekannten und Freunde beruhigen.
Meinem Bruder gelingt es mit Ma zu reden, ich erreiche sie den ganzen Tag nicht. Mich ruft sie nicht an. Was ich davon halten soll? Keine Ahnung. Um 20 Uhr gebe ich auf. Vielleicht sollte ich das als Hinweis auffassen und mich stumpf so lange bedeckt halten, bis sie ihre bring-mir-mal-Haltung aufgibt und mich anruft.
Ihre Freundin meldet sich am Abend noch und malt dunkelste Farben von Choas in der Wohnung und fehlender Orientierung in der Realität. Sie ist eine Dramaqueen, ich ziehe 30% ab, aber das Bild gefällt mir nicht. – Gerade geht nur ein Tag nach dem anderen – nicht so gut für die Tochter an dieser Tastatur, die eher ein Planer ist …

In all das Telefonie- und Unruhetheater passt dennoch ein wenig Arbeit. Ein Klient ist begeistert von einem programmatischen Eingriff in seine Site und läßt mich das lieberweise wissen, ein anderer gibt mir die Aussenstelle Buchhaltung (bei dem Plattencrash von neulich sind relevante Mails nach Dev/0 gegangen), ein angebahnter (Klein-)Auftrag wird bestätigt.

Nichtsdesto – ich bin den ganzen Tag müde (der erste Ping des Tages kam um 7:10h und weckte mich. Eine Nachricht der Nachbarin meine Mutter betreffend), und komme doch nicht in die innere Ruhe.
Und wieder: So geht das nicht. Ich muß MICH zurückpfeifen. Also Telefone aus bis zum Mittag, einzig mein Bruder wird mich über den Messenger erreichen können. So lange alle Welt erst einmal mich anruft ohne auch nur den Versuch zu machen mit der Betroffenen selbst zu reden (mit mir ist es vermutlich einfacher) wird dieser Wahnsinn nicht aufhören. Also ziehe ich mich jetzt da raus, stehe nicht mehr jederzeit zur Verfügung – mein Bruder wird die Notfalllinie blendend betreuen im Sinne einer pragmatischen Evaluierung. Offenbar habe ich es allen – von ASB über Diakonie bis zum Freundeskreis – zu leicht gemacht. Diese Zähne muß ich jetzt ziehen. Unbedingt.

Und mit der Wut umgehen, die daraus erwächst, daß ich mir hier ständig Knoten ins Knie mache, aber ausgerechnet ich von meiner Mutter nicht angerufen und ins Bild gesetzt werde. Verdammt.
Es mehren sich übrigens die Zeichen, daß mir die Situation seit September ein Magengeschwür eingetragen hat. Das hat mir gerade noch gefehlt …