Seit Monaten versuche ich den Gründen für meine Bocklosigkeit auf die Spur zu kommen, für dieses Bedürfnis nach Rückzug aus jeglichem öffentlichen Leben, für das Neobiedermeier. Heute kam ich drauf: Es ist dieses Gefühl von Ausweglosigkeit und sinnlosem Streben. Wir haben es als Menschheit verkackt. Es ist nur noch ein Frage der – überschaubaren – Zeit – bis uns hier alles um die Ohren fliegt. Was halt passiert, wenn man mit Kurzsichtigkeit und Gewinnstreben einen Planeten zuschanden reitet. Den Planeten wird es nicht kratzen – wir sind eine Episode, weil wir dumm gewesen sein werden. Der Planet wird sich von uns erholen.
Nimmt man sich die Zeit sich die verschiedenen Kennzahlen und Kipppunkte anzuschauen, Quellen und Tabellen anzusehen, kommt man unweigerlich zu düsterer Freude darüber sich in der sechsten oder siebten Lebensdekade zu befinden. Da fällt einem das normale Ableben vermutlich vor dem Eintreffen der großen Transformation auf den Kopf. Ohne radikalen Systemwechsel haben wir als Menschengeschlecht keine Chance – und diesen wird des nicht geben, da seien die Lobbyisten und Besitzstandswahrer, die sich mit Millionenvermögen für den Mittelstand halten (sic!) vor. Ich bin sehr dankbar noch vieles von dem, was nun verschwindet, noch gesehen und erlebt zu haben.
Kein Wunder, daß ich auf mein persönliches Hamsterrad keine Lust mehr habe. Der ganz kleine Kreis ist der einzige, in dem ich mich noch wirkmächtig fühle. Ich färbe Kleider, pflege Katzen und Freundschaften, arbeite in kleiner Form am Überleben – und bin sehr froh heute nicht jung zu sein. Und keine Kinder zu haben, von Enkeln ganz zu schweigen.
Wenn es richtig hart wird, bin ich nicht mehr da. Resignation? Ja, bestimmt. Ich habe den Glauben daran verloren, daß unsere politische Klasse und politische Macht überreißt wo wir stehen.