Jagdunfall

5:45h – mal wieder ein Aufwachen mit dem Gefühl von ‘etwas stimmt nicht’. Mein erster Gedanke in solchen Lagen gilt immer den Tieren (nicht zuletzt, weil ich glaube, daß ich zwar ein Warn- aber kein Fernwarnsystem besitze). Shari und Leo liegen friedlich mit auf dem Bett. Wo ist Merlin?
Ich suche die Wohnung ab – kein Rappelkatzer. Auf dem Balkon steht die Spannstange links leicht schief, aber nur leicht, und warum sollte er? Nichtsdesto: Kein Merlin weit und breit. Blutbildnüchtern, angespannt, reichlich Puls werfe ich mich in die Klamotten und ziehe rufend eine Runde um den Block und durch die Innenhöfe – kein Katzer.
8:30h – zurück in der Wohnung ein schneller Kaffee, die beiden anderen füttern, dann Photos von Merlin zusammensuchen, ihn als verloren bei Tasso einmelden. Bei nebenan.de ebenfalls eine Suchmeldung mit Photo veröffentlichen. Bin sehr unglücklich. Um Zehn habe ich eine Telefonkonferenz, die ich jetzt gerade brauche wie ein Loch im Kopf.
9:30h – beschließe vor der Konferenzschaltung noch eine Runde durch ‘unseren’ Innenhof zu gehen, also den, der direkt vor meinem Balkon liegt. Kein Kater zu sehen oder zu hören. Mache noch eine Runde, diesmal nach ihm rufend. Ein Ruf nur – und Antwort! Das ‘Mauuuuuuu’ ist leise und klingt sehr vertraut. Ich rufe, er antwortet – Echolotsystem. So finde ich ihn schließlich in einem Kellerabgang – richtiges Haus, falsche Tür, aber nur um eins daneben. Grins. Dort sitzt er und jammert herzzereissend um Einlass.
Und ich schwöre: Er war überglücklich mich zu sehen – gurrte, schnurrte, das volle Programm. Das Poltern des Gebirges, welches mir vom Herzen fiel, muß man bis nach München gehört haben.
So war er um 9:50h wieder zu Hause und selten war ich in einer dieser doofen virtuellen Konferenzen souveräner und entspannter.

Wie das alles kam? Keine Ahnung. Um zwischen Spannstange und Wand hindurchzukommen, muß er schon sehr hoch gesprungen sein und viel Glück gehabt haben. Ich denke, er hat irgendein Insekt gejagt und war vermutlich selbst sehr überrascht sich nach seinem Sprung plötzlich auf neuem Terrain wiederzufinden.
Die Spannstangen sind nun neu eingerichtet – wer da noch passen will, muß verdammt viel kleiner sein als eine Katze. Ich glaube aber auch: Das hat er einmal gemacht. Seit er wieder daheim ist, ist er sehr anhänglich und kuschelig; ihm scheint der Schrecken in die Knochen gefahren zu sein.

Die Jungs bei Tasso halten mich nun vermutlich für bekloppt – Suchmeldung und deren Rücknahme innerhalb von anderthalb Stunden – aber damit kann ich gut leben.

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