Nach wie vor Schlafstörungen. Nächtlich nehme ich meine Befindlichkeit ehrlich auseinander.
Ich finde Unwille, Aggression. Eine Schicht tiefer graben … Als erstes Gefühl taucht auf, mein Leben gehöre nicht mehr mir. Nächste Schicht: Mutter erwartet – und im Grunde ist es eine Forderung, wenn sie auch nicht offen ausgesprochen wird – meinen Besuch. Nur: Ich will das gar nicht. Ich weiß, daß ich drei Tage Urlaub brauche, wenn ich dort war. Fühle mich dort extrem fremdbestimmt, muß einen Lebensrhythmus fahren, der gar nicht meiner ist – aber der härteste Streifen ist diese Pingeligkeit in Kleinkram, diese … analfixierte Lebensweise, in Kombination mit dem Gefühl das nächste Wort (meines) könnte wieder das falsche sein.
Da ist wohl mal ein Grundsatzgespräch fällig. Und lustig wird das sicher nicht.
Nunja – da müssen wir wohl durch, denn es kann nicht angehen, daß ich meine Ma, die ich sehr liebe, nicht besuchen mag.
Zu meiner Trauer fehlt weniger die Zeit als vielmehr die innere Stille. Auch: Wer fragt denn nach mir? Da ist soviel inneres Zähneknirschen. Und jedes Photo von ihm stürzt mich ins Gefühlschaos. Fasse nicht, daß ich ihn nie wieder umarmen kann. Schreie die Wände an (was die armen Katzen nicht wenig irritiert), keiner sieht’s, keiner merkt’s. Ich funktioniere blendend. Bin sehr sicher: Auf mein Umfeld wirke ich sehr normal und balanciert.
Von Innen fühlt sich das anders an. Bin ich depressiv? Ich habe gar keine Ahnung! Lebensfreude noch auffindbar, Motivation dito, doch fühle ich mich ringelnatzig – ‚Schief ins Leben gebaut‘.
Hilfreich: Die Tiere. Schnurrend schweigsame Zuneigung, dem ganzen Vergesellschaftungsdriss zum Trotz.
Es bleibt schwer …
Trauer wird das sein. Die macht das, daß das ganze Leben sich falsch anfühlt. Und das macht auch wütend, logisch! ICH denke, solange Entwicklung da ist und nicht ausschließlich schwarzes Loch ist das alles zwar heutzutage gesellschaftlich ausgeblendet, aber normal. Ich habe es als wegbrechen des Fundaments meines Lebenshauses erlebt, leider zeitweise ohne die noch auffindbare Lebensfreude.
Beobachten, aufpassen und rechtzeitig Hilfe suchen, sollte es sich nicht mehr erträglich anfühlen und sich nichts mehr entwickeln.
(Sage ich deshalb so klugschnackerisch, weil ich mich noch sehr gut erinnere, auch wenns über 20 Jahre her ist. Ich bin irgendwann fast zusammengeklappt und brauchte Hilfe)
Zwei Fragen dazu, Dear: Was meinst du mit ’sich entwickeln‘, und wo und wie findet man in solchen Lebenslagen Hilfe? Gerade bei Letzterem stehe ich total auf dem Schlauch.
Hilfe findest Du zB bei Angehörigengruppen (angeleiteten). Bei uns gibt es die zB vom Hospizverein, auch für Leute, deren Verstorbene nicht im Hospiz waren. Oder auch bei einem oder einer TherapeutIn. Auch da gibt es kriseninterventionsmäßig die Möglichkeit zu kostenlosen Sofortgesprächen (auch für bis zu, meine ich, 5x) von unterschiedlichen Trägern. Was es da bei Euch genau gibt, kannst Du über die Krankenkasse erfahren.
Und mit „sich entwickeln“ meine ich, daß Du merkst, daß sich etwas verändert. Daß sich nicht über Monate dieselben Gedanken und Gefühle endlos im Kreis drehen. Trauer macht ja auch Phasen durch. Aber wenn man in einer steckenbleibt, dann kann das wirklich in eine Depression führen. Braucht kein Mensch!!!
Danke dir. In dieser Richtung werde ich mal nachforschen. Vor Angehörigengruppen habe ich einen gepflegten Horror. Vor langer Zeit aus anderem Grund mal versucht – und ging so eher gar nicht: Viel Selbstmitleid, wenig gegenseitiges Zuhören – das zog mich damals nur noch weiter runter und ich bin nicht mehr hingegangen. Aber deinen weiteren Tips werde ich nachgehen.
Was die Entwicklung angeht – es gibt sie, sie ist nur furchtbar langsam (für mich) und läuft im Stile von Zwei-Schritte-vor-einen-zurück.
„Gepflegter Horror“ – okay *gg* … kommt sehr auf die Gesprächsleitung an, aber mir hat auch der andere Weg mehr geholfen.
Ich wünsche Dir viel Glück und Erfolg (mE braucht es beides…) beim finden des für Dich passenden Angebotes!
Es kann helfen, sich dem Hausarzt anzuvertrauen, damit es ggfls eine Diagnose/Überweisung und einfachere Kostenübernahme gibt. Aber all solche Dinge wissen die „Notanlaufstellen“, die erstmal kostenlos sind.
Manchmal komme ich mir in dem ganzen Gewusel so doof vor – obwohl ich furchtbar traurig und zeitweise sehr wütend bin (‚How dare you … :) ), bin ich insgesamt weder niedergeschlagener noch düsterer Stimmung, nur eben angespannt und belastet. Brauche ich sie wirklich, diese Unterstützung? Ich finde es sehr schwer das zu wissen.
Vielleicht ist das als erste Info hilfreich: Was sind Trauergruppen oder Trauercafés?. Dort gibt es auch weiterführende Links und Adressen.
Bei den Adressen fand ich eben auch eine Gruppe, die sich zum Trauerspaziergang trifft. Und im März 2020 beginnt auch wieder die Gruppe Gartentrost – vielleicht wäre das etwas?
Das Angebot ist dort wirklich sehr vielfältig. Es gibt zum Beispiel einen Kochtreff für Trauernde, da die sich aber Mittwochvormittag treffen, sind dort wahrscheinlich keine Berufstätigen dabei, sondern eher ältere Menschen, die nun alleinstehend sind. Zudem gründet sich wohl gerade eine Gruppe Abschied von unserem Haustier.
Eins war mir noch aufgefallen: daß Du mehrfach erwähntest, daß kein Mensch bemerkt, wie es Dir geht.
Das wäre soooo schön, wenn die Menschen, die wichtig sind, in Einem lesen könnten wier in einem Buch! Aber nein, so isses nunmal nicht, letztlich ist man doch selbst dafür verantwortlich, um Hilfe oder auch nur um zuhören zu bitten. Und den Menschen, bei denen man’s möchte, zu erlauben, daß sie sehen, wie es innen drin aussieht. (Etwas, was ich sehr schwierig finde! Grad die Nächsten, denke ich immer, müssten doch merken, was los ist. Nein, müssen sie nicht. KÖNNEN sie evtl auch nicht, Du sagst ja selbst, das Außenbild ist balanciert)
Ich bitte um Verzeihung, wenn ich zu nahe trete oder völlig falsch liege. Ist das, was ich beim lesen empfand, und geschriebenes lädt gerne zu Mißverständnissen ein
Da mag ich mich missverständlich ausgedrückt haben – ich mag niemanden belatschern mit meinen Befindlichkeiten. Fragte aber jemand, würde ich klar Auskunft geben und erzählen. Meine Ma fragt, kommt aber natürgemäß immer auf die eigene Lage, da kann ich mich nicht aussprechen. Mein Bruder hat eine viel coolere Haltung und meint – so wie ich das verstehe – ich könne mich nur an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Anderweitig wird nicht gefragt, bzw. kommt kein Gespräch zu Stande – und ein Seelenmülleimer, so to say, ist nicht, was ich brauche. Mir fehlt also eigentlich das mitfühlende und teilhabende Zuhören. Stichwort: Sokratische Methode.
Danke Ihnen, Frau Arboretum – mit der Recherche komme schon klar. :) Charlottenburg? Grins. Das ist von mir aus eine Weltreise. Werde mal schauen, ob ich nicht etwas näher dran etwas finde, das sich richtig anfühlt.
Um das auch noch einmal zu sagen: Das Umschauen nach Unterstützungsangeboten ist für mich zum jetzigen Zeitpunkt eher präventiv. Ich mag nicht erst ‚Alarm‘ schreien, wenn der Wagen schon vor die Wand gefahren ist, und versuche auch mir selbst gegenüber achtsam zu sein.
Ja, ich weiß, dass Sie mit der Recherche schon alleine klarkommen und die beiden Trauergruppen im Freien von Ihnen aus ziemlich weit weg sind. Ich hatte es vor allem deshalb verlinkt, weil es anders ist als das sonst übliche Angebot (mir waren solche Angebote neu – insbesondere Gartentrost fand ich ansprechend – von einer Trauergruppe für den Abschied vom Haustier hatte ich auch noch nicht gehört), und es könnte ja sein, dass es jemand anderem aus der Leserschaft nützt.
Gartentrost finde ich auch eine tolle Idee. Hatte ich vorher noch nie gehört. Ich hoffe, daß Ihre nützlichen Hinweise in meiner winzigen Ecke des Netzes auch gefunden werden. Meine Zugriffszahlen sind ziemlich … überschaubar.
Naja, belatschern…. mein Herr F. zB fährt konsequent die Politik „Ich frage nicht. Ich will mich ja nicht aufdrängen“.
Das heißt: wenn ich (oder Irgendwer) überhaupt je etwas erzählen will, muß ich oder der/die) das von allein tun, ohne gefragt zu werden. Obwohl ich ihm schon gefühlte 120 Mal gesagt habe, daß es Menschen gibt, die sich ihrerseits nicht aufdrängen möchten und daher warten, ob sie gefragt werden…..
Kommunikation – schwierig, immer!
Ich wünsche Dir Jemanden, der oder die so zuhört, wie Du es brauchst! :-)
Danke!
Und da habe ich gerade eben mit dem aufsteigenden Gelächter meinen Kaffee auf den Monitor geprustet. Ich geh‘ dann mal ’nen Lappen holen.
1. :-)
2. sehr vernünftig, präventiv zu gucken. Wenn richtig Sch*** ist, fehlt vielleicht die Kraft dazu