Ein Schritt vor, zwei zurück. Vom Leben mit einer sehr alten Katze …
Gestützt sitzen geht nicht mehr, Futter ergo flüssig per Spritze angeboten – sie nimmt es gerne so. Seit einigen Tagen haben wir eine Windelkatze (Windeln für Neugeborene und eine Schere – Menschenkinder haben keinen langen Schwanz nach hinten.) Mit diesem Hilfsmittel ist sie warm, trocken, sauber – und sichtbar zufrieden. Damit sind wir schon am Kern der Lage: Ich kümmere mich rund um die Uhr, sie bleibt weder hungrig noch durstig, schon gar nicht unsauber, und Ansprache hat sie auch. So verhält sie sich entsprechend: Aufmerksam, ganz da und einfach zufrieden. Es wird viel geschnurrt, nie gejammert. Sie ist eine Liegekatze, ein Pflegefall – und macht einen zufriedenen Eindruck. Zumal sie keine Schmerzen hat.
Mir zieht es das Mark aus den Knochen … das kann es doch nicht sein?! Mehr als 100 Gramm Futter kriege ich pro Tag nicht in sie rein. Das bedeutet selbst für eine ‚Liegekatze‘ ein ganz langsames Abgleiten in eine Art Selbstverwertung, man kann es auch ‚bequem verhungern‘ nennen. Ich glaube, sie hat nur mehr den Lebenswillen – und den hat sie um ihres Schutzraumes willen, nicht aus sich selbst heraus. Aus meiner Sicht ist trotz ihrer äußerlichen Zufriedenheit der Punkt erreicht, an dem ich ihr das Gehenlassen ermöglichen muß – doch stoße ich bei dem Mann in meinem Leben auf erbitterten Widerstand. Er hofft. Er hört sie schnurren und kann den Gedanken nicht loslassen, daß einfach ‚mehr Zeit‘ eine Genesung folgen müßte …
Was macht Frau mit einer solchen Lage?
Habe heute unter Tränen eine Tasche für sie genäht. In dieser bunten Baumwolle werde ich ihren kleinen Körper der Erde anvertrauen. Wann auch immer.
Ich sehe hin – wie immer – ich denke: noch diese Woche, wenn sich dann keine Besserung abzeichnet, MUSS ich handeln …
Wie würdet ihr das sehen, die ihr die Bulletins verfolgt habt? Ich fühle mich sehr scheußlich zwischen Baum & Borke und könnte einen Rat gebrauchen.
Ach. Für diese Art Situation gibt es ja eigentlich keinen Ratschlag. Doch, vielleicht: Solange Fressen und keine Schmerzen kann man weitermachen. Kann. Ich könnte jede Menge Geschichten erzählen, wie und wann und was. Und jedes Mal war es anders und manche Entscheidung würde rückblickend anders getroffen. Ich wünsche Ihnen und dem Miez viel Kraft und Gelassenheit. Und dass Sie merken, wenn die Not beginnt. Das merken Sie.
Ich denke noch immer voller Dankbarkeit an unsere letzte alte Katze: Dreimal ging sie fort, dreimal suchte ich heulend und trug sie nach hause. Beim vierten Mal ging sie gründlich, wir haben nicht ein Härchen mehr von ihr gefunden. Als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Hat sie vielleicht. So.
oh jammer und not … das zu lesen habe ich befürchtet (wenngleich kommen sehen, 20 jahre und 7 monate sind eine sehr lange zeit).
liebe, wenn es the one derzeit so, wie es ist, verhältnismäßig gut geht, dann lass es so. so sie keine schmerzen leidet, lass sie in ihrem eigenen tempo gehen. ich fürchte, wir „modernen“ menschen haben verlernt, dass zum leben das sterben dazu gehört. für die tiere in unserem leben ist das vermutlich keine so große sache wie für uns.
so, wie ich euch beide erlebt habe, denke ich, dass dir the one sehr klar mitteilen wird, wann es für sie an der zeit ist. ich habe seinerzeit bei meinem großen gesehen, als es so weit war. das ist dann ganz deutlich, du hast in dem moment keine zweifel mehr.
meine meinung? – warte den moment ab und entscheide dann, ob sie assistiert geht oder ohne hilfe der vet. ich denke (und fürchte), dass der vorgang des sterbens für uns zurückbleibende schlimmer ist als für denjenigen (egal mit wie vielen füßen), der geht.
ich drück dich sehr.
Ich danke euch für eure klugen Worte!
Liebe B. ich habe tatsächlich eher gar kein Problem ihr so etwas wie Sterbebegleitung zu geben, das ist ganz gut integriert bei mir, auch so lange wie es eben dauert. Was ich um jeden Preis zu vermeiden trachte, ist Leiden. Ein Beispiel: Sie liegt sich trotz der Intensivpflege langsam wund – Katzenurin ist scharf – das Fell geht aus, die Haut liegt bloß. Ich salbe und lasse Luft daran, doch ist es eine Frage der Zeit bis das weh tun wird. Provokant gefragt: Soll ich so lange warten, bis sie Schmerzen hat um meiner Handlungsweise eine klare Legitimation zu geben? Oder ist es richtig, die Linie zu ziehen und ihr die Schmerzen zu ersparen? DAS ist die Frage, die mich Tag und Nacht beschäftigt, verstehst du?
Liebe Frau Montez, ich kann nur hoffen, daß Sie Recht haben und ich wirklich mitbekomme, wann die Not beginnt. Jedoch auch hier: Ich wollte die Not (ab)wenden, so fragt sich, ob ich wirklich warten sollte, bis sie da ist, die große Not. Mit der kleinen – sie ist ja schon länger ein Liegetier – leben wir ja schon länger.
Ihr habt Recht, es ist einfach schwer zu wissen, was zu tun für sie am Besten wäre. Ich höre mir gerne jeden an, der eine Meinung dazu hat, je mehr Korrektive, desto besser!
„Auch Tiere haben das Recht auf ihren eigenen Tod“, sagte vor vielen Jahren einmal eine Tierärztin zu mir.
Vielleicht verstirbt das Wundertier eines Tages über Nacht – ruhig und so, wie man es sich wünscht.
Wenn aber das Leiden so stark wird, dass sie eingeschläfert werden sollte: Sie werden es merken, wenn es soweit ist, da schließe ich mich den Vorrednern an.
Also: laufen lassen. Kein überstürzter Aktionismus. Und alles Gute!
Ruhig einschlafen ist ein guter Wunsch! Meine Methusacat ist allerdings sowas wie ein ‚fauler Kämpfer‘ – so lange sie Unterstützung erhält wird sie nicht aufgeben, es sei denn ihr fiele wirklich schmerzbedingt ‚der Bock um‘. Wer im Moment auf dem Zahnfleisch geht, bin eher ich: Intensivpflege ist ein Fulltimejob und obendrein bin ich extrem erkältet. Wir schlagen uns durch, alle, jeder auf seine Weise unglaublich zäh. :)
liebe großkatz, die antwort auf deine provokante frage ist ein ebenso provokantes „ja“. katzen sind eh meister im verstecken von schmerzen. wenn es ihr also „nur“ „nit ist“ (was grade mit nierensachen wohl oft der fall ist), dann wird sie das eher nicht so zeigen.
aber ihr beiden kennt euch extrem gut, und du wirst mit sicherheit sehen, wenn es soweit ist.
ich denk an euch.
Ich danke dir, Liebe, für alles. Und die provokante Antwort auf eben selbige Frage hilft mir wirklich weiter.
Du kanntest Julchen. Sie war mit 18 übergeben worden, sie bekam mit 21 den schwarzen Jungspund an ihre grüne Seite, sie bekam mit 22,5 ihren ersten Apoplex.
Nach dem vierten Apoplex und deutlichen Zeichen ihrerseits.. das letzte war: noch einmal auf den Balkon, noch einmal in die Sonne.. trug ich sie zu eben der TA, die Dein tapferes Wesenstier jetzt mitbetreut. Und ließ sie einschläfern.
Immer noch denke ich: Es war richtig so.
Die Tiere zeigen es Dir – versteckt unter all ihrer Treue, Ergebenheit und Liebe.
Du hast den IQ, das Richtige zu tun, und darauf vertrauen sie.
Viel Kraft Euch und viele kräftigende Gedanken!
Von uns allen hier.
Dein Wort in Bastets Ohr! Sie frisst 150 Gramm am Tag, sagt mir an, wenn sie Hunger hat – oder Durst oder whatever – und ihr fällt einfach der Bock nicht um. Nach dem Schlaganfall war das anders. Da hatte sie erkennbar keinen Bock mehr, und wir haben mehr oder weniger nur auf Anraten der Vet noch ein paar Tage für die Rekonvaleszenz draufgegeben. Was sich ja auch als richtig erwies. Jetzt legt sie sich auf meine Pflege wie in eine gut gebaute Hängematte … :) Ich warte im Grunde auf ihre Ansage …
Ich oute mich als stille Mitleserin – im Sommer landete ich bei der Google-Suche nach Topfbrot zufällig auf deiner Seite und blieb hängen, als ich die Bulletins entdeckte. Ein paar Wochen vor der Brotsuche tauchte bei mir im Garten eine uralte Katze auf, blind, taub, Nierenschaden. Wie ich dann von den Nachbarn hörte, war sie 21 – nein, die Nachbarn wollten sie nicht zurück, darum blieb sie bei uns.
Bei deinen letzten Eintrag beunruhigt mich, dass die Kleine schnurrt – sie schnurrt vielleicht, weil sie Schmerzen hat und sich damit selbst beruhigt, sie schnurrt vielleicht, um dich zu beruhigen, aber sicher nicht, weil sie sich wohl fühlt. Das würde ich eher als Alarmzeichen nehmen. Drastisch ausgedrückt – wenn du merkst, dass die Katze Schmerzen hat, würde diese sich als Zweibeiner bereits brüllend zusammenkauern.
Ich kenne auch die Situation, dass Männer das Ende einfach nicht akzeptieren und sich verzweifelt dagegen wehren, die Katze auf den letzten Weg zu schicken. Bei meinem hilft meist nur die klare Aussage der (befreundeten) Vet, ich fürchte, es wird bei dir auch nicht anders sein.
Ich drück‘ dir die Daumen, dass – hoffen kann man immer – sich die Katz wieder „derrappelt“. Aber, wenn nicht, erspar ihr und dir die letzten Tage.
Patricia
Hello Patricia, nice to have you here! Ich freue mich sehr, daß du dich zu Wort meldest.
Zum katzigen Thema:
Ich ärgere mich immer wieder über diese Mythen, die einfach nicht totzukriegen sind. »Katzen binden sich an den Ort, nicht an den Menschen.« – »Kranke Katzen, die schnurren haben Schmerzen« und dergleichen mehr. Das ist in dieser Knappheit einfach nicht korrekt.
Ich glaube aber, ich weiß was du meinst. Du sprichst vermutlich vom ‚Selbstberuhigungsschnurren‘, das auch ein Heilungsschnurren ist. Da hättest du dann Recht. – Einer Liegekatze, die quasi dauernd leise vor sich hin schurrt, geht es mit Sicherheit absolut dreckig.
Hier ist die Lage aber anders. Sie schnurrt als Reaktion. Auf Streicheleinheiten, auf bestimmtes Futter etc. Auch habe ich sie im Laufe der Jahre ein ums andere Mal mit Schmerzen erlebt (als Jungspund an mir vorbei in die Küche schleichen und auf den heißen Herd springen war zum Beispiel eine ganz blöde Idee!) und ich bin absolut sicher, daß ich genau so gut wie sie weiß, wenn sie Schmerzen hat. Auch habe ich das Team als Korrektiv um mich, und selbst die Vet ist sicher – Schmerzen hat sie keine. Wäre das anders, hätte ich längst gehandelt.
Was mich ganz irre macht, ist eher das Gegenteil: Sie fühlt sich so gut versorgt, daß sie einen irritierend teilnehmenden und zufriedenen Eindruck macht. So nach dem Motto ‚ich kann zwar nicht aufstehen, aber ich kriege ja auch so alles, was ich brauche.‘ Sie kommuniziert sehr lebhaft mir mir. Mit keinem Wesen habe ich mehr Zeit verbracht im Lauf der letzten 20 Jahre als mit ihr, und so geht es so weit, daß ich weiß WAS sie gerade von mir will. Das ist Teil des Problems, denn ICH bin es, die sich nicht vorstellen kann, daß The One als ‚Liegetier‘ glücklich und zufrieden sein kann, OBWOHL sie das Gegenteil zeigt und mitteilt. Und sowas sortiere mal!
… Seit sie so krank ist, hat sie unter der intensiven Pflege leicht zugenommen, das Fell hat Glanz, und die Vet und ich raufen uns die Haare …
Wir wissen nicht wie lange sie das noch so machen mag … Ich sehe mich inzwischen sozusagen in einer Sterbebegleitung: Sie geht ihren Weg auf ihre Weise zu Ende und ich bin da. Inzwischen scheint auch dem Mann klar zu sein: ewig kann und soll das nicht dauern. Der Rest ist Aufmerksamkeit und Abwarten.